Tallyonthewave
Es war Winter 2020, ich kam gerade aufgrund von Corona vorzeitig von meiner Reise aus Sri Lanka zurück und hatte noch 4 Monate Zeit bevor mein Studium beginnen sollte. Durch den Lockdown waren die Möglichkeiten sich zu beschäftigen und Freunde zu treffen natürlich stark eingeschränkt, deshalb kam die Empfehlung meiner Freundin Hanne, die App Slowly herunterzuladen, gerade richtig.
Ich meldete mich an und war direkt begeistert von all den motivierten Briefeschreiber*innen. Irgendwann hatte ich so viele Briefe geschrieben und erhalten, dass ich kaum mehr auf alle antworten konnte. Mit einigen wenigen hatte ich schon einige Briefe ausgetauscht unter anderem mit Gilberto aus México. Da ich noch nie auf dem amerikanischen Kontinent war und auch quasi nichts über México wusste fand ich es sehr spannend mich mit ihm über die Unterschiede unserer Länder zu unterhalten. Außerdem war Gil schon für ein Jahr in Deutschland gewesen und hatte deshalb Interesse daran weiterhin deutsch zu sprechen. Ich hatte gerade damit begonnen spanisch zu lernen, deshalb passte das alles sehr gut.
Während der Kontakt zu allen anderen Slowly Bekanntschaften langsam auslief blieb der mit Gilberto erhalten. Wir redeten über alles mögliche und manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich ihm gerade deshalb, weil er so weit weg wohnte, alles erzählen konnte. Schon zu dieser Zeit stellte ich mir vor wie cool und aufregend es wäre ihn eines Tages zu treffen, doch für sehr realistisch hielt ich es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Währenddessen ging für uns beide der ganz normale Wahnsinn des Lebens munter weiter. Natürlich hatte jeder von uns seine eigenen Verpflichtungen und Sorgen. Bei mir begann das Studium weshalb ich viel zu tun hatte , bei Gil in México war es genauso. Manchmal hörten wir über mehrere Wochen (in Ausnahmefällen auch mal Monate) nichts voneinander aber dann freute ich mich immer umso mehr wenn wieder eine Nachricht ankam.
Irgendwann fragte Gilberto vorsichtig ob wir mal telefonieren sollten, ich stimmte zu, und war dann mega aufgeregt. Am Anfang war es ehrlich gesagt auch etwas seltsam aber ich bin sehr froh das ich mich überwunden habe. So ging das 3 Jahre und immer wieder hatte ich den Plan nach México zu reisen. Im Sommer 2023 war es dann soweit. Die Semesterferien standen vor der Tür und alle begannen Pläne für die lange freie Zeit zu schmieden. Deshalb dachte ich warum eigentlich nicht? Ich begann all meine Freunde zu fragen ob sie nicht mitwollten und am Ende sagte mir Hanne zu (sie hatte mir lustigerweise ja Slowly empfohlen und war deshalb mehr oder weniger der Anfang von allem). Meine Schwester Lena kündigte daraufhin auch noch ihren Job, der ihr ohnehin schon lange nicht mehr gefiel, und wir buchten innerhalb von einer Woche unsere Flüge. Sechs Wochen México – von México City bis nach Cancun!
Ich sagte Gil Bescheid dass wir nun wirklich kommen würden und er hat mir wohl am Anfang gar nicht geglaubt, da ich schon ein paar mal angekündigt hatte dass ich kommen will, es im Endeffekt aber nie gemacht hatte. Doch dieses Mal schon! Ich glaube er war fast mehr aufgeregt als wir, zumindest fing er direkt an zu planen und mich mit Tips und Ratschlägen vollzutexten (dafür war ich ihm aber auch sehr dankbar, da alle Ratschläge ihre Berechtigung hatten und unsere Reise ohne diese vielleicht ganz anders verlaufen wäre).
Die Reise ging dann Ende August los und wir verbrachten die ersten Tage in México City. Dort wollte Gil am Wochenende zu uns stoßen.
Natürlich war ich ein bisschen nervös aber ehrlich gesagt hatte ich vollstes Vertrauen in Gilberto. Schließlich kannte ich ihn quasi schon seit 3 Jahren. Es wäre gelogen zu sagen, dass alles direkt super entspannt und chillig war aber das lag wohl daran, dass wir alle ein bisschen nervös waren. Die Spannung verfolg aber im Flug und wir alle verstanden uns sehr schnell sehr gut und machten viele schöne Ausflüge zusammen. Mit ihm als Einheimischen an der Seite fühlten wir uns außerdem super sicher in der Stadt. Gil gab sich sehr viel Mühe, nahm sich viel Zeit trotz seiner Arbeit und führte uns auch in seiner Heimatstadt Querétaro an alle möglichen schönen Orte, an die wir ohne ihn wohl nie gekommen wären.
Wir lernten außerdem viele seiner Freunde kennen und auch diese waren alle sehr herzlich und nett zu uns. Die Zeit verging leider viel zu schnell und schon bald waren die letzen Tage gekommen. Gil hatte sich extra noch ein paar Tage frei genommen sodass wir die letzte Woche gemeinsam auf der Yucatan Halbinsel am Strand verbringen kommt.
Als wir uns dort alle wiedersahen hatte ich nun wirklich das Gefühl das wir uns schon ewig kennen würden und es waren eine sehr sehr coole und entspannte letzte Woche. Ich war ehrlich gesagt ziemlich traurig am Ende, da ich wusste, dass wir uns nun erstmal lange nicht mehr wiedersehen werden. Aber auf der anderen Seite möchte Gil wahrscheinlich in Deutschland seinen Master machen und ich bin mir sehr sicher, dass wir weiterhin in Kontakt bleiben werden. Ich bin super glücklich, dass ich mit damals Slowly heruntergeladen habe, denn ich bin mir sicher, dass ganz viele so gute Freundschaften entstehen können und damit eine ganz andere Art von Austausch zwischen Menschen überall auf der Welt entstehen kann!